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Lebenslauf

Als ich geboren wurde, war ich noch sehr jung. Meine Eltern waren gerade nicht Zuhause, sie waren auf dem Feld . . . Kartoffeln holen. Es war zwar nicht auf unserem Feld, aber wir holten uns dort immer unsere Kartoffeln.

Jetzt sitzt mein Vater im Gefängnis wegen seines Glaubens. Er glaubte seine Miete nicht bezahlen zu müssen.

Ich war nicht das einzige Kind das wir hatten. Wir waren Zuhause 20 Kinder. Es waren 10 Jungen und 9 Mädchen dazu 1 Blindgänger. Ich war der Schönste! Da können Sie sich vorstellen, wie die Anderen aussahen! Wir schliefen alle in einem Zimmer mit Gasmasken. Das Handtuch stand gleich hinter der Tür. Da wir nur ein Bett hatten, war es mit dem Schlafen sehr schwierig. Das eine Kind wurde ins Bett gelegt und wenn es eingeschlafen war, wieder herausgenommen und an die Wand gestellt. Dann kam der Nächste an die Reihe . . ..

Nur mit dem Wecker war es so eine Sache. Ich bin einmal eine ganze Woche an der Wand stehengeblieben und es ist nicht aufgefallen!

Wir waren eine sehr musikalische Familie: Meine Mutter nähte auf einer Singer-Nähmaschine. Mein Vater war Pianoträger. Einer meiner Geschwister war Sänger, er sang immer tiefer. Jetzt brummt er schon zwei Jahre. Am musikalischsten war meine Schwester. Sie ging gleich nach der Geburt Flöten.

Wir waren eine sehr intelligente Familie. Mein Bruder ist auf der Universität in Heidelberg, dort steht er in Spiritus, weil er zwei Köpfe hat.

Mein Bruder ist Verwandlungskünstler. Der geht mit einem alten Mantel in ein Café und kommt mit einem neuen Mantel wieder heraus. Der Andere ist im Stadtbad beschäftigt. Er dient als Brause, weil er einen Wasserkopf hat.

Wir Jungen hießen alle Emil, außer Fritz, der hieß Paul. Meine Schwestern waren sehr dünn. Die eine mußte zweimal durch die Tür gehen damit man sie sah. Eine hat jetzt Zwillinge. Die sehen sich sehr ähnlich, besonders die eine.

Als ich sieben Jahre alt war, kam ich in die Schule. Ich war der Liebling der Lehrer. Verschiedene Klassen durfte ich zweimal besuchen, während andere in die nächste Klasse mußten. Mit zwölf wurde ich in die Hilfsschule geschickt. Ich weiß bis Heute noch nicht, was ich dort machen sollte. Einmal wurde ich in der Rechenstunde gefragt: "Welchen Beruf hatte Goethes Faust"? Ich antwortete: Damenschneider. Warum fragte der Lehrer? Als Gretchen ins Zimmer kam rief er aus: "Hier möchte ich Säumen." Ein anderes mal in der Rechenstunde: Wenn Ihr beim Kaufmann 15 DM Schulden habt und beim Bäcker 10 DM, gibt zusammen? Das weiß ich nicht, da ziehen, wir meistens um.

Dann kam ich in die Lehre zu einem Schmied. Er gab mir einen Hammer in die Hand und er sagte: Wenn ich nicke, schlage zu . . . !

Das sagte er nie mehr zu mir!